Modifikation eines Vox Valvetronix VT80+ und
ein optimierter VFS5 - Nachbau


Nachdem ich mir schon lange einen kleinen, leichten, aber flexiblen Amp für Sessions und Proben gewünscht hatte, kaufte ich mir Anfang 2012 einen Vox VT80+. Die Bedienung - insbesondere die Möglichkeit, 8 Patches abzuspeichern - finde ich zwar sehr gelungen, es gab aber trotzdem einiges, mit dem ich nicht so glücklich war.

Die Kritikpunkte im Detail:
Erstens hatte der Amp auch bei voll zugedrehtem Volumen-Regler noch einen deutlich hörbaren 50Hz-Netzbrumm. Nachdem ich ihn als Garantiereparatur zu Vox eingeschickt hatte, bekam ich von dort die lakonische Antwort, dass dies bei diesen Modellen normal sei.  Na gut - nachdem ich ihn nicht im Studio und bei grossen Gigs einsetzen werde, kann ich live damit leben, da der Brumm live ja sowieso meist durch andere Geräusche überdeckt wird. Da habe mich über die Vox-Ingenieure aber das erste mal geärgert ...
Lustiges Detail am Rande: die eingebaute Röhre wird hier in einem Arbeitspunkt betrieben, an dem noch keine glühende Elektroden im Inneren entstehen können. Um das Leuchten einer Röhre trotzdem zu simulieren, haben die Entwickler eine orange LED im Röhrensockel eingebaut (!). Auch die Kühlrippen hinter der Röhre wären thermisch eigentlich nicht notwendig - aber man sieht dadurch von hinten genau auf die schön orange leuchtende Röhre ... Erstaunlich, was sich manche Ingenieure so einfallen lassen, um den technisch nicht so versierten Kunden etwas vorzugaukeln. Da habe ich mich über Vox das nächste mal geärgert ... Eigentlich hätten sie das ja nicht nowendig!
Damit ist allerdings nicht gesagt, dass die Röhre nur als Gag eingebaut wurde - sie arbeitet hier aber als Treiberstufe zwischen dem PreAmp und der digitalen Leistungsendstufe, d.h. komplett anders, als in einem klassischen Röhrenverstärker!
Tipp: damit sie merklich ins Spiel kommt, das Ausgangsvolumen (2. Knopf von rechts) immer möglichst weit aufmachen und die Gesamtlautstärke dann mit dem "Leistungsregler" ganz rechts einstellen.

Die Ampsimulationen und Effekte gefallen mir teilweise recht gut, prinzipiell klang aber durch die geschlossene Box mit dem Original 12er-Speaker für meinen Geschmack und meinen Stil alles viel zu basslastig.
Auch das Gewicht von 14,6 kg erschien mir für einen Verstärker mit Digitalendstufe noch zu hoch. Das ist natürlich auch auf die relativ dicken MDF-Platten für das Gehäuse und den konventionellen Netztrafo zurückzuführen. Daher beschloss ich, auf die Gewährleistung zu pfeifen, und den Amp komplett umzubauen.

Hier der Original Amp mit seinen technischen Daten vor dem Umbau:

   

Als erste gewichtssparende Massnahme wurde der eingebaute Netztrafo durch einen um fast 1 kg leichteren Qualitäts-Ringkerntrafo mit 65 VA / 2x 15V ersetzt. Damit kommt die eingebaute Digitalendstufe auf eine Nennausgangsleistung von etwa 50 Watt RMS an 4 Ohm, was mir für meinen geplanten Einsatz reicht. Die von VOX angegebene Ausgangsleistung von 120 Watt ist sowieso ein reiner Fantasiewert! Der von Vox eingebaute Netzttrafo hat nämlich nur eine maximale Leistung von 100 VA! Selbst bei der hier verbauten Digitalendstufe mit sehr hohem Wirkungsgrad kommt man nach den Gesetzen der Physik damit nur auf eine maximale Ausgangsleistung von etwa 80 Watt RMS (Sinus-Dauertonleistung). Die kurzzeitig abgebbare Spitzenleistung ist naturgemäß um einiges höher, wird aber bei korrekten Leistungsangaben normalerweise auch deutlich als solche gekennzeichnet. Da habe ich mich schon das dritte Mal über die Vox-Werbestrategen geärgert...

Die Siebelkos im Netzteil sind übrigens aus Preisgründen mit 2 x 2200 Mikrofarad recht mager dimensioniert, was auch teilweise für den oben zitierten Netzbrumm verantwortlich ist. Die wurden bei dieser Gelegenheit gleich durch 2 x 4700 Mikrofarad parallel kräftig verstärkt.
Um den Verstärker leichter zu machen, war ich auf der Suche nach einem leichten Gitarrenlautsprecher mit 4 Ohm. Nachdem mein Wunschkandidat, der Jensen Neodym 10-100 in der 4 Ohm-Ausführung in Europa leider nicht sofort erhältlich war, baute ich 2 Stück Achtzöller Jensen C8R (je 8 Ohm) in Parallelschaltung ein. Jeder der Speaker wiegt lediglich 0,99 kg bei einem Schalldruck von 90-100 dB zwischen 80Hz und 8kHz (siehe Frequenzgang unten)! Beide zusammen sind lt. Datenblatt mit 50 W RMS belastbar.

 

Das Gehäuse mit den Abmessungen 50 x 31 x 25 cm baute ich aus extrem leichtem 1 cm dickem Pappelsperrholz auf, das im Inneren an den kritischen Flächen mit aufgeleimten 10x10mm Fichtenleisten verstärkt wurde, um die Wände schwingungssteifer zu machen. Angewandte Leichtbautechnik wie bei einem Segelflugzeug ...
Durch alle diese Umbauten habe ich letztendlich das Gesamtgewicht von ursprünglich 14,6 kg auf 7 kg reduzieren können (!).

UNTEN: die Bilder vom neuen Amp (meine Fähigkeiten als Tischler und Lackierer halten sich leider in Grenzen, wie die Bilder zeigen ...)

 

 



Die extreme Basslastigkeit des Original-VT80+ mit seiner geschlossenen Box ist damit auch weg. Die beiden Jensen-Speaker mit Keramikmagneten gehen für Gitarrenlautsprecher relativ weit im Frequenzgang hinauf, was sich bei manchen Verstärkermodellen dann durch "giftige" und "brizzelige" Overdrive-Sounds bemerkbar macht, die mir auch nach völligem Zudrehen des Treble-Reglers noch zu höhenlastig waren. Deshalb habe ich nachträglich vor den Lautsprechern noch einen passiven LC-Tiefpassfilter mit einer Grenzfrequenz von 4 kHz eingebaut (L=0,22mH, C=33uF MKP-Folienkondensator).

Alles in allem ist der kleine Verstärker jetzt optimal für meine Zwecke: flexibel und auch ohne zusätzliche Effektgeräte einsetzbar, laut genug für kleine Sessions und Proben, tonmässig o.k. und mit 7 kg sehr, sehr leicht!

Ersatz-Fussschalter für alle Valvetronix-Plus-Amps (optimierter Vox VFS5)

Der für alle Valvetronix-Plus-Modelle lieferbare VFS5 gestattet zwar die Umschaltung der 2 x 4 Preset-Patches, hat aber meiner Meinung nach den großen Nachteil, dass am Fussschalter keine Anzeige des gerade angewählten Patches erfolgt. Deshalb habe ich eine eigene Lösung entwickelt und gebaut, in der ein Mikrocontroller mit einem DA-Wandler die zum Umschalten notwendigen Analogspannungen mit hoher Präzision erzeugt und an den Fusschalter-Eingang des Amps schickt und gleichzeitig eine vernünftige Anzeige realisiert.
Je eine Zweifarben-LED zeigt bei mir Patch 1-4 an. Die jeweilige Bank wird durch die LED-Farbe (rot oder grün) angezeigt. Mit dem Fußtaster "PATCH" wird innerhalb einer Bank weitergeschaltet (1,2,3,4 -1,2,3,4-  usw.).
Mit dem Schalter "BANK" wird zwischen Bank rot und grün (auf derselben Patchnummer) gewechselt.  Damit kann mit dem Bank-Schalter live schnell zwischen 2 Presets (rot und grün derselben Nummer) umgeschaltet werden.

Ich habe in meinem Fussschalter auch einen Umschalter für zwei Gitarreneingänge inkludiert. Ist am Eingang 2 ein zusätzliches Instrument eingesteckt, wird bei Betätigung des Bankumschalters auch der Eingang zwischen Buchse 1 und 2 umgeschaltet. Dadurch kann Live schnell z.B. zwischen zwei Gitarren  (1=grün und 2=rot) mit je 4 Presets gewechselt werden.  Ist nur Eingang 1 belegt, wirken alle 8 Presets für diesen.
Der Fußschalter wird - wie das Vox-Original - aus der Footswitch-Buchse der Valvetronix-Verstärker gespeist und benötigt somit keine eigene Spannungsversorgung. Er sollte aber (genauso wie der Original-Fußschalter) immer nur bei ausgeschaltetem Verstärker ein- und ausgesteckt werden.
Mein Modell besitzt auch eine zusätzliche DC-Buchse (Plus innen, Minus=Masse), wo bei Bedarf ein externes Netzteil eine Phantomspeisung an den Ringkontakt der Klinkenbuchse von Eingang 1 liefern kann. Damit können bei Bedarf z.B. meine Variax-Gitarren von Line6 über ein Stereo-Klinkenkabel mit 9V/200mA/DC versorgt werden. Die Phantomspeisung wird durch eine eigene LED angezeigt. Auch die Speisung von PreAmps z.B. in Akustikgitarren ist mit diesem System möglich. Ist der Kippschalter für die Phantomspeisung ausgeschaltet, funktioniert Eingang 1 wie jeder übliche Klinkeneingang.

Bei meinem modifizierten VOX-Verstärker habe ich neben einem kleinen 9V-Netzteil auch eine zusätzliche Klinkenbuchse (auf der Rückseite links unten, siehe Bilder oben) eingebaut, die das Gitarrensignal von meinem Fußschalter übernehmen kann, bzw. eine 9V-Phantomspeisung vom Amp auf den mittleren Ringkontakt von Input 1 liefert.

>>> HIER können bei Interesse zum Nachbau  der Schaltplan, das Platinenlayout und der Programmquellcode in C (für den Mikroconttroller Atmel ATMega8) als ZIP-Datei heruntergeladen werden (rechte Maustaste > Ziel speichern unter ...)